Die westlichen Industriegesellschaften haben seit Anfang 2020 eine Vielzahl von massiven Veränderungen ihrer Umwelt erlebt. Sieht man von den Mutationen eines grippe-ähnlichen Virus mit heftiger Symptomatik und noch heftigeren administrativen Bewältigungsstrategien ab, dürfte die gravierendste Langzeitschädigung dieser nun ins zweite Jahr gehenden “Corona-Phase” der menschlichen Geschichte, die massive Schädigung der frühkindlichen Entwicklung sein.

Seit dem Beginn des digitalen Zeitalters, wurden nicht nur Erwachsene, sondern auch Kleinkinder als Medien-Nutzer eingesetzt, obwohl sie keinerlei Verständnis davon haben, welche Folgen das für sie haben wird. Auch den meisten Eltern ist dies nicht klar. Auch sie haben kein Einverständnis erteilt in Kenntnis der Folgen, die digitale Medien bei ihren Kindern haben können. Die unablässigen Forderungen der Politiker, nunmehr die totale Digitalisierung aller Lebensbereiche durchzusetzen, vermitteln den Eindruck, als sei die Digitalisierung nicht nur nützlich, sondern geradezu das Versprechen, ein zufriedenes, “normales” Leben überhaupt erst realisieren zu können.

Diese Entwicklung ist problematisch, denn hier findet – ohne daß sich Eltern oder Kinder dagegen zur Wehr setzen könnten und informiert worden wären – eine Vereinnahmung der frühkindlichen Entwicklung statt. Dies geht zu Lasten der Entwicklung des Kindes zu einem Menschen, der die Chance hat, seine Potentiale auszuschöpfen und zu nutzen.

Weder Eltern noch die Technologie-Konzerne, noch die Politiker scheinen sich darüber im klaren zu sein, daß der virtuelle Raum als “Kinderspielplatz” gerade nicht geeignet ist. Programme können Menschen nicht ersetzen, denn nur Menschen vermitteln dem Kind die Erfahrung in empathischer, ganzheitlicher Weise als Individuum gespiegelt und wahrgenommen zu werden.

Der Anspruch, Kinder bereits im Kleinkindalter digitalen Medien auszusetzen, hat im letzten Jahr als Folge der administrativ verordneten Isolationsmaßnahmen im Rahmen der “Corona-Pandemie” weiter zugenommen und eine Intensivierung der digitalen Nutzung durch Kleinkinder eingeleitet; dies obwohl die Nutzung digitaler Medien negative Folgen für die Entwicklung des Kindes und sogar Verzögerungen und Störungen der Entwicklung auslösen kann.

Besonders betroffen ist die Entwicklung der menschlichen Kernkompetenzen und das Kontaktverhalten, das bei der frühkindlichen Mediennutzung auf der Strecke bleibt. Die seelischen und emotionalen Grundlagen, um Bindungen zu Menschen aufzubauen, werden im frühen Lebensalter gelegt. Diese frühkindlichen Entwicklungsphasen sind für Störungen extrem anfällig. Störungen, deren Folgen das weitere Leben massiv verändern – und zwar in negativer Weise. Erst durch die Fähigkeit Bindungen und Kontakt zu anderen Menschen aufzubauen und aufrecht zu erhalten werden Menschen in die Lage versetzt, die unterschiedlichen Phasen ihres Lebens bewältigen zu können, und Belastungen, Konflikte und Rückschläge zu lösen. Eingriffe auf dieser Entwicklungsebene können die Ursache von lebenslangen Störungen sein und nicht nur seelische, sondern auch somatische Krankheiten, Fehlhaltungen, Anpassungsstörungen und sozialen Rückzug auslösen.

Die strukturelle Schädigung der zwischenmenschlichen Bindungskompetenzen durch digitale Medien und digitale Parallelwelten, kann Ursache des Gefühls zunehmender Ohnmacht des einzelnen angesichts der individuell nicht mehr steuerbaren Reizüberflutung sein. Zur Isolation des Menschen inmitten der so attraktiv auftretenden virtuellen Welten ist nur ein kleiner Schritt. Denn längst ist der Mensch selbst zur Ware geworden. Sein Körper, sein Selbstbild, seine Erlebnis- und Handlungsbereiche werden nicht mehr durch menschliche Vorbilder und Alltags-Interaktionen stimuliert und verändert. Der innere und äußere Beobachter, der Rat geben, der vor Gefahren warnen kann, fehlt. Das Kind bleibt außengelenkt, unter dem Einfluß unpersönlicher Interessen, von diffusen Stimmen einer unbekannten Menge getrieben.

Die psychologischen Folgen der “Corona-Politik” mit ihren Isolations-Verordnungen sind daher in mehrfacher Hinsicht desaströs. Und sie werden fortgesetzt und verschärft, obwohl längst deutlich geworden, daß das Ziel der Maßnahmen nicht mehr ein Virus ist, das die Gesundheit bedroht, sondern daß hier Eingriffe auf der Ebene der zwischenmenschlichen Beziehungen stattfinden, die dem Staat nicht zustehen und die im Widerspruch zu den Grundrechten der Bürger stehen; Eingriffe, die weder wissenschaftlich noch mit gesundem Menschenverstand begründbar sind.

Eingriffe, die auf eine Aushöhlung der Kernkompetenzen menschlichen Zusammenlebens zielen und die Entwicklungsprozesse der Kindheit massiv und meist irreparabel schädigen können.

Bereits vor der COVID19 Phase warnten Kinderpsychologen und Kinderpsychiater vor der Beschädigung der Kindheit durch das Übermaß an Digitalisierung und Medienkonsum mit nicht kindgerechten Inhalten.

Doch selbst “kindgerechte” Inhalte können das Problem nicht lösen, wenn die Grundlagen und Strukturen fehlen oder brüchig sind, weil sie gar nicht aufgebaut werden konnten. Der Mangel an positiven, bindungsfördernden Interaktionen und Aktivitäten im Vergleich zum Übermaß an Medienkonsum hat längst massive Folgen gezeitigt. Der sprunghafte Anstieg von depressiven Erkrankungen unter Kindern und Jugendlichen, wozu auch die Zunahme von Suizidhandlungen gehört, ist längst Realität.

Betrachtet man die desolate Lage der Kinder unter dem Regime der “Corona” begründeten Maßnahmen mit ihrer sturen Forderung der sozialen Isolierung , die in autoritärer und angsterzeugender Weise durchgesetzt werden, ahnt man, welche Hürden auf die heranwachsende Generation warten. Furcht vor dem Umgang mit anderen Menschen kann sehr leicht erzeugt werden durch aversive Erlebnisse und abschreckende Maßnahmen wie das Distanz – und Interaktionsverbot. Abtrainieren lassen sich diese Ängste jedoch keineswegs mehr so einfach.

Als Beispiel sei das aktuelle Rodelverbot für Kinder genannt. Durchgesetzt mittels Zurechtweisung der anwesenden Erziehungsberechtigten – Eine dümmere und schädigendere Verordnung kann man sich kaum vorstellen. Wieviel Menschenverachtung kommt hier zum Ausdruck!

Hier werden in aller Öffentlichkeit und systematisch soziale Ängste herangezüchtet!

Kindern können dies nicht als “vorübergehende Maßnahmen” begreifen. Diese Erlebnisse können prägend für Haltungen und Gefühlsreaktionen sein, die sie ein Leben lang verfolgen.

An die Stelle des Menschen als Du, zum Beispiel der Großeltern, treten Programme, die zwar auch Freude vermitteln können, da sie die Sinnesreize stimulieren, doch gerade nicht geeignet sind, das komplizierte Geflecht der zwischenmenschlichen Bindungen zu erlernen, wozu die gar nicht so einfach zu erlernenden Strategien gemeinsamen Handelns, Verhandelns und Durchsetzens von Zielen gehört. Von Körpergefühl und Bewegungsfreude ganz zu schweigen. All diese Kompetenzen müssen von Entwicklungsstufe zu Entwicklungsstufe geübt werden. Ebenso wichtig ist es mit Mißerfolgen umzugehen. All dies ist von Menschen abhängig. Und zwar nicht nur von einem Elternpaar, das selbst unter den Einschränkungen von Lock-Downs, Virenangst und wirtschaftlicher Unsicherheit leidet.

Es überrascht nicht, daß aus Hilflosigkeit Verzweiflung wird, aber auch Wut über die Maßlosigkeit der Maßnahmen, mit der unser Lebensalltag und die Zukunft der Kinder, und damit der nächsten Generationen – mit verantwortungsloser Gleichgültigkeit zerstört werden.

Wird die Zukunft so aussehen wie sie Franz Werfel in seinem visionären Roman “Der Stern der Ungeborenen” (1948) beschrieb? Oder wird sie dem Entwurf der totalitären Utopie “Brave, New World” ähneln wie sie von Aldous Huxley oder in George Orwells “Ninety Eighty Four (1984)” beschrieben worden ist?

In all diesen Beschreibungen gibt es ein verbindendes Element, das sich mit den Erkenntnissen der psychologischen Bindungstheorie deckt: der Mensch hat seinen freien Willen verloren, er ist zu einem passiven, unterwürfigen Subjekt ohne die Möglichkeit der Mitsprache geworden, er gehorcht Befehlen wie ein Sklave, rechtlos und ohne eigenen Willen. Der Mensch ist zu einem verlängerten Arm eines Systems geworden, das ihn reglementiert als sei er gar nicht existent. Gefühlsleere, Isolation und Apathie bestimmen seinen Alltag, der längst zu einem Nebeneinander von Befehlsausführenden geworden ist. Das Band der Gemeinschaft der Menschen ist gekappt worden. Das System funktioniert -, die “Menschen” jedoch sind verschwunden. Zurück bleibt die unendliche Traurigkeit einsamer Lebewesen, die nicht mehr wissen, was ihnen eigentlich fehlt.

Dr. Hanna Rheinz